Bündnis für Arbeit

Bündnis für Arbeit
Bündnis für Arbeit,
 
ein (in Deutschland) 1995/96 geprägtes politisches Schlagwort für soziale Pakte als strategisch und auf einen längeren Zeitraum ausgerichtete sowie konzertierte, aber nicht konfliktfreie Bemühungen von Vertretern der Wirtschaft (Arbeitgeberverbänden), Arbeitnehmern (Gewerkschaften) und der Regierung zur Sicherung von Arbeitsplätzen beziehungsweise zum Abbau der Arbeitslosigkeit, etwa durch Erschließung neuer Beschäftigungsfelder. Mit »einer gemeinsam koordinierten Strategie der wesentlichen Akteure auf dem Arbeitsmarkt« sollen »mittelfristige, ressortübergreifende und kooperationsorientierte Vereinbarungen zwischen Regierung und Tarifparteien» erreicht werden (Anke Hassel). Dabei geht es in den jeweiligen Ländern neben der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit vorrangig auch um die Verbesserung der nationalen Wettbewerbsfähigkeit und die Sanierung der öffentlichen Haushalte sowie um ein Zusammenwirken bei der Modernisierung von gesellschaftspolitischen Systemen wie z. B. demjenigen der Berufsausbildung. Angestrebt wird dabei vor allem, das »Bündnis für Arbeit« zum Motor gesamtgesellschaftlicher Entwicklung zu machen.
 
Ausgangspunkt der »dreiseitigen Reformbemühungen« ist es, dass Tarif-, Sozial-, Steuer- und Arbeitsmarktpolitik gegenwärtig im hohen Maße voneinander abhängig sind. Überlagert von einer Europäisierung und Globalisierung der Dimensionen der Arbeitsmarktpolitik, soll methodisch »mit strukturellen Reformen der Tarif-, Sozial- und Steuerpolitik. .. eine neue Beschäftigungsdynamik« erreicht werden (»Gemeinsame Erklärung von BDA und DGB« vom 6. 7. 1999). Die wichtigsten Reformziele sind dabei die Senkung der Arbeitskosten, besonders durch eine beschäftigungsorientierte Lohnpolitik, eine Flexibilisierung der Arbeitsmärkte und die Verbesserung der Anreize zur Arbeitsaufnahme. - Immer wieder gibt es Kritik am Bündnis für Arbeit. So wird ihm ein Hang zu Formelkompromissen, kein Mut zu wirklichen Einschnitten und eine zu große Verbands- und Bürokratenmentalität vorgeworfen, wodurch es nicht in der Lage sei, wirklich auf die Herausforderungen durch Globalisierung und Umstrukturierung der Industrie in Richtung auf die Informationsgesellschaft zu reagieren.
 
 
Als beispielgebend für soziale Pakte in Europa gilt das Abkommen über »einige Empfehlungen zu Fragen der Beschäftigungspolitik«, das am 24. 11. 1982 zwischen niederländischen Arbeitgebern und Gewerkschaften in Wassenaar geschlossen wurde (deshalb auch »Abkommen von Wassenaar« genannt). Seitdem haben Regierungen, Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften in vielen europäischen Ländern verschiedene dreiseitige Vereinbarungen abgeschlossen (Niederlande, Irland, Italien, Portugal, Dänemark, Finnland, Griechenland, Norwegen). In Deutschland vereinbarten Vertreter der Regierung unter H. Kohl (CDU), der Arbeitgeber und der Gewerkschaften, hier seit Ende 1995 führend engagiert K. Zwickel, am 23. 1. 1996 erstmals ein »Bündnis für Arbeit und Standortsicherung«, das allerdings schon am 23. 4. wegen des Abschlusses eines »Sparpakets« der Regierung scheiterte, weil es nach Ansicht der Gewerkschaften unvermeidlich zum Sozialabbau führen würde und deshalb von ihnen heftigst kritisiert wurde. Am 7. 12. 1998 nahm die neue Regierung unter G. Schröder (SPD) die Gesprächsrunden für ein »Bündnis für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit« auf. Beim fünften Treffen (9. 1. 2000) z. B. wurde u. a. die verstärkte Nutzung von Altersteilzeit zur Beschäftigungssicherung vereinbart, wobei zur Umsetzung dieses Vorhabens differenzierte branchen- und betriebsbezogene Regelungen angestrebt werden.

Universal-Lexikon. 2012.

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